Gegen Abschiebungen, Rassismus, Faschismus und Krieg, Bleiberecht und gleiche Rechte für Alle



Polizeigewalt
»Wir zeigen, dass das nicht nur Einzelfälle sind«
In Bochum wird eine Ausstellung mit Recherchen zu Todesfällen bei Polizeieinsätzen gezeigt. Ein Gespräch  jW 23.Jan 23



Recherche: Tode bei Polizeieinsätzen 2022

Warum sind 2022 30 Menschen bei Polizeieinsäzen gestorben?


Viele offene Fragen nach Polizeischüssen in Hockenheim
von · 7. Januar 2023 Sowohl behördliche Mitteilungen als auch Medienberichte sind widersprüchlich, lückenhaft und manipulativ
Montag 2. Januar um acht Uhr abends in der Jahnstraße in Hockenheim: Die Straße, abgeriegelt durch Flatterband, wird durch grelle Scheinwerfer erhellt, Notarztwagen, Rettungsdienst sowie ein Löschzug der Heidelberger Feuerwehr sind vor Ort, dazu jede Menge Polizisten. Unter ihnen auch solche, die durch schwarze Uniform, schwarzen Helm und schwarzes Maschinengewehr als Mitglieder einer Spezialeinheit erkennbar sind.  ...KIM 7.Jan 23


Polizist erschießt Teenager:Tödliche Staatsgewalt

Vor 11 Tagen tötete ein Polizist in Dortmund den 16-jährigen Mouhamed Lamine Dramé. Wer war der Junge aus dem Senegal? Und wie kam es zu seinem Tod? (viele Ähnlichkeiten wie beim Totschlag in Mannheim am 2.Mai 22)


Die Ausgangssituation: Der gewaltsame Tod infolge eines brutalen Polizeieinsatzes am 2. Mai 2022 in Mannheim


Vorbemerkung:
Die Recherche zur Polizeigewalt ist leider unvollständig und lückenhaft. Eine gründlichere chronologische Recherche wäre ein größeres Unternehmen, was mehr Zeit und personellen Aufwand erfordern würde.
Die Digitalisierung des dort befindlichen Text-Materials ist noch nicht erfolgt. Die Suchkriterien sind unzureichend – so fehlt z.B. der Such-Begriff meines Themas: Polizeigewalt!


Ergebnisse meiner Recherche

Die unzureichende Recherche zum H 4 Revier und zu Mannheim insgesamt zum Thema Polizeigewalt kann dennoch die bei Vorliegen von Polizeigewalt üblichen Tendenzen aufzeigen:
1. Bei Opfern handelt es sich um Menschen aus gesellschaftlichen Minderheiten
2. Die Polizeigewalt wird untertrieben, abgeschwächt, verharmlost und auch gerechtfertigt.


Zur Charakter und zur Geschichte der H 4-Wache stütze ich mich hauptsächlich auf Artikel, die ich in Ausgaben des Mannheimer Morgens (MM) im Marchivum (Mannheimer Stadtarchiv) gefunden habe.
Polizisten des Polizeireviers H 4 Wache, Nähe Marktplatz in der Mannheimer Innenstadt haben am 2. Mai 2022 einen hilfebedürftigen 47 Jahre alten Mann getötet.
Der Mann war gefesselt und wurde lt. einem Video, was Passanten während der Tat anfertigten offensichtlich zu Tode geprügelt.
„Nach Angaben der Behörden handelte es sich bei dem 47-Jährigen um einen deutschen Staatsbürger mit kroatischen Wurzeln. Der Mann stammt aus Heidelberg. Er sei im September 2017 eingebürgert worden und wurde als Patient im Zentralinstitut für seelische Gesundheit (ZI) behandelt.“ (MM, 5.5.2022)


Drei Tage nach dem gewaltsamen Tod des 47 Jahre alten Opfers wurde im MM über eine Presse Konferenz (PK) vom 4. Mai, an der der Leiter der Mannheimer Staatsanwaltschaft Romeo Schüssler, der Polizeipräsident Siegfried Kollmar und Andres Stenger, der Chef des Landeskriminalamts (LKA), Stuttgart anwesend waren, berichtet. Dort wurde auf die Frage der Journalist*innen „Steht die Todesursache bereits fest?“, geantwortet:
„Nein. Die ungeklärten Fragen zum Tod des 47 Jahre alten Mannes können vermutlich erst in sechs bis 8 Wochen beantwortet werden. Zwar sind nach Angaben des Landeskriminalamts Spuren stumpfer Gewalt an der Leiche festgestellt worden. Die „seien aber von geringer Intensität gewesen“, sagte LKA-Präsident Stenger am Mittwoch. Der Mann habe auch eine Herzinsuffizienz (Herzschwäche) gehabt“ (MM, 5.5.2022)


Mittlerweile sind 13 Wochen verstrichen. Näheres zur Todesursache wurde meines Wissens bis heute nicht bekannt, zumindest wurde bis jetzt kein Befund über die Todesursache veröffentlicht.
Es ist zu befürchten, dass die Verantwortlichen der Mannheimer Staatsanwaltschaft und der Polizei ihre Version des gewaltsamen Todes des 47 Jährigen der Öffentlichkeit erst dann präsentieren, wenn sich die Emotionen der Menschen, die sich zu recht über den brutalen Polizeieinsatz aufregten, wieder gelegt haben und der gewaltsame Tod ganz in der Nähe vieler Menschen, die sich auf und am Rande des Marktplatzes befanden, großenteils wieder vergessen oder verdrängt ist.


Wir wissen von vielen tödlichen Polizeieinsätzen in Deutschland, dass am Ende Täter*innen in Uniform strafrechtlich gar nicht oder unverhältnismäßig „milde“ bestraft wurden. (Keine 2%)
Auch in Mannheim ist das nicht anders.


Näheres zur H 4, Wache in Mannheim, von wo die todbringenden Polizisten kamen.
Die H4-Wache, mitten in der Innenstadt Mannheims ist berüchtigt wegen brutaler Polizeigewalt und sexuellem Missbrauch gegen festgenommene Frauen.
1. Am Neujahrstag 1991 wurde in den Räumen der H4-Woche ein 39 jähriger Obdachloser durch Tritte eines Polizisten so schwer verletzt, dass er nach 4 Tagen an den Folgen eines Leberrisses starb. Im November 1992 wurde der 29 jährige Polizeitäter lediglich zu 10 Monaten Gefängnis mit Bewährung verurteilt. Siehe MM,, 26.11.1992
Der MM schreibt zu diesem Skandalurteil:
„Wie später auch die Kammer wertete der Anklagevertreter die Tat wegen der vorangegangenen Provokation als einen minder schweren Fall der Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit Körperverletzung im Amt“. (MM, a.a.O.)
Angeblich hatten die 2 Festgenommen, einer der beiden war der später Getötete die festnehmenden Polizisten mit „Nazischweine“ und „Bullenschweine“ beschimpft.


„Wie später auch die Kammer wertete der Anklagevertreter die Tat wegen der vorangegangenen Provokation als einen minder schweren Fall der Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit Körperverletzung im Amt“. (MM, a.a.O.)


Weiter heißt es im MM:
„Dem Vorsitzenden (Dr. Wolfgang Müller, Richter am Landgericht) zufolge durchsuchte der 29 jährige Polizist den Mann zunächst routinemäßig. Plötzlich habe der 39 jährige dem Beamten einen Stoß verpaßt und ihm ins Gesicht gespuckt. Da sei der Polizist ausgerastet. Er habe die Beherrschung verloren und dem Obdachlosen drei massive Tritte in den Oberbauch versetzt, die zu Rippenbrüchen und einem Leberriß geführt hätten. Zusätzlich habe der Angeklagte den 39jährigen noch mehrmals ins Hinterteil getreten“ (MM, a.a.O.)
(( Kommentar von mir dazu: Beleidigungen eines Festgenommenen rechtfertigen nicht die tödliche Brutalität des Polizisten. Außerdem ist die zitierte Passage des MM vielleicht ein unwahres Konstrukt. Im selben Artikel des MM steht auch:
„Im Revier waren dann (nach der Festnahme, H.S.) die beiden angeklagten mit den maulenden (!) Landstreichern allein“ (MM, a.a.O.)
(( Kommentar: maulende Landstreicher ist üble Hetze und so eine Passage steht in einem Artikel, der über eine lächerlich geringe Strafe, die gegen einen Polizeitäter verhängt wurde, der einen Menschen umgebracht hat, berichtet. Der Artikel klingt wie eine Rechtfertigung für dieses Urteil!


Interessant ist, dass ein Bericht aus dem Jahre 1991, als die Tat geschah, nicht im Marchivum von mir gefunden wurde. In dem Artikel, den ich damals gelesen aber jetzt leider nicht mehr gefunden habe, war zu lesen, dass der Arzt, der den Getöteten obduziert hatte, feststellte, dass der Polizist, mit ungeheurer Wucht getreten haben müsse, sonst wäre die Leber des Obdachlosen, der auch alkohol krank war, nicht gerissen!))


MM-Redakteur Jan Cerny zollt der H4-Wache Anerkennung und Bewunderung


Gut 1 Jahr nach dem gewaltsamen Tod des 39 Jährigen Obdachlosen in der H4-Wache, am 14.2.1992 schreibt der Redakteur Cerny im MM einen „Jubel-Artikel“ über die H 4-Wache.
Der Titel ist: „Harte Schule im Revier Innenstadt. „
Untertitel: „ Mannheims Polizeiwachen I: Großveranstaltungen und internationale „Kundschaft“


Der Artikel beginnt so:
Die H4-wache gilt unter den Polizisten in Mannheim als eines der schwersten Reviere. Dennoch hat erster Polizeihauptkommissar Rolf Suthmann keine Probleme mit der Besetzung der Planstellen. Schließlich gilt das Revier als eine zwar harte, aber gute Schule für den Polizeidienst.“


Ein paar Absätze weiter kommt dann folgende Passage, die wie ein Hohn auf die wirkliche Brutalität der Bullen der H4-Wache klingt:
„Und dann kommt ja der Alltag in einem Stadtteil mit rund 300 Lokalen und 60 Außenbewirtschaftungen. Es sind nicht nur angetrunkene Stadtstreicher, die in Gewahrsam genommen und in einer der zwei Zellen im Erdgeschoß des Reviers landen. Bis zu 60 Personen durchlaufen monatlich die Zellen, weil sie offensichtlich nicht mehr Herr ihrer Sinne sind und die die Polizei fürsorglich stundenweise in Obhut nimmt“ (MM, a.a.O.)

(( Kommentar, die „Obhut, die gut 11 Monate vorher für einen Obdachlosen tödlich endete!!))


"Revierführer" Suthmann wird zitiert:
„ Ich gehe jeder Beschwerde über zu hartes Anfassen durch einen meiner Kollegen nach, es ist aber heute Mode geworden, dass einige Leute nach einer Festnahme gleich eine Dienstaufsichtsbeschwerde einlegen; in der Regel kommt bei einer Untersuchung nichts dabei heraus.“


Sexuelle Nötigung in der H 4-Wache
In der H4-Wache ist es Jahre lang zu sexuellen Nötigungen an jungen Frauen gekommen. Unter anderem wurden festgenommene Frauen zu Nacktaufnahmen gezwungen.
Eine dort festgenommene Frau berichtet, dass sie auf der H4-Wache von Polizisten vergewaltigt wurde.
Höchstwahrscheinlich im Jahre 1994 wurden vom damaligen Polizeipräsidenten Feldmann 28 Polizisten des Reviers mitsamt Vorgesetzten beurlaubt. Siehe MM-Artikel „Ausschweifungen in der Polizeiwache“, 5.5.1994.
Im Jahre 1997 wurde wegen sexueller Straftaten auf der H4-Wache ein Polizist zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt, die zur dreijährigen Bewährung ausgesetzt war.

Siehe MM-Artikel, 17.6.1997

Hans Rudolf  Schuh Initiative 2.Mai


Gemeinsam gegen Polizeigewalt
Reden der Kundgebungen gegen Polizeigewalt in Mannheim am 7.Mai 2022 * Bündnis 2.Mai * Arbeitskollegin * soziales Zentrum Ewwe longts * Interventionistische Linke, IL * Stadtrat Dennis Ulas, LiParTie * 3 RednerInnen von Copwatch Blackpower Frankfurt/M. * Teil der Demoparolen * Kommunistische Organisation * Klaus Dollmann VVN BdA Mannheim * Ankündigung wöchentlicher Kundgebungen bis zur Aufklärung des Totschlags * Sozialistische Frauenorganisation Zora Femizide beenden * Bündnis 2.Mai * DIDF



Schläger in Uniform
»Die erlauben sich immer mehr«
Mannheim: Nach tödlicher Polizeigewalt sprechen Zeugen und Angehörige. Hemmschwelle von Beamten sinkt. Ein Gespräch mit Yusuf As jW 6.Mai 2022





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Die Kampagne "Death in Custody"
Das Bündnis „Death in Custody“ formierte sich im September 2019 als Reaktion auf die vielen ungeklärten Todesfälle Schwarzer Menschen und People of Color in Gewahrsam. Schwarze Communities, migrantisch-diasporische Communities und Communities of Color treffen und verunsichern diese Vorfälle tief. Das Ausbleiben einer Aufarbeitung der Todesfälle und Rechenschaft der Täter:innen seitens Ermittlungsbehörden und Staatsanwaltschaft verschlimmern die Gewaltsamkeit der Vorfälle. Im Umfeld der Betroffenen ruft dies Empörung hervor.
Bemühungen nach Aufklärung stoßen bei Polizei und Justiz auf Abwehr. Die Verzerrung der Geschehnisse zum Schutz von Polizeibeamt:innen und Mitarbeiter:innen in Einsperrinstitutionen, die gegebenenfalls in die Vorfälle verwickelt oder gar Täter:innen sind, wirft Fragen auf: Wer zählt in der Gesellschaft? Wessen Leben, wessen Tod sind von Relevanz? Wer hat Zugang zu Recht und Gerechtigkeit? Inwiefern ist Verlass auf Polizei und Justiz? Wie konsequent wird in Institutionen mit diskriminierendem, rassistischem Personal bzw. organisierten Nazis umgegangen?
Seit vielen Jahren verweisen Vertreter:innen von Communities of Color auf den Zusammenhang von Rassismus und institutioneller Gewalt, also darauf, dass Schwarze Menschen und People of Color in ungleichem Maße von institutioneller Gewalt betroffen sind. Racial Profiling, die Verwehrung gesundheitlicher Versorgung in Abschiebehaft oder Gefängnissen, körperliche Übergriffe in Untersuchungshaft oder Psychiatrien sind an der Tagesordnung. Diese Fälle machen auch die Intersektionalität der Betroffenheit sichtbar: Psychiatrieerfahrene, geflüchtete, prekär lebende und andere marginalisierte Gruppen sind besonders gefährdet. Todesfälle in Gewahrsam und deren Nichtaufklärung sind die letzte Eskalationsstufe dieser Gewalt.